off theater niederlande

Martin Frey

Creatieve Marge

Die Entwicklung des niederländischen Off-Theaters

BEWTH-Theater

Da in der Auseinandersetzung mit den verschiedenen Bereichen die praktische Arbeit, das eigenständige Produzieren von Stücken und die Verknüpfung der einzelnen Kunstformen im Mittelpunkt standen, traten die Schüler der School voor Bewegingstheater bereits in deren Gründungsjahr mit ersten Aufführungen, in denen sie ihre neue Arbeitsweise demonstrierten, an die Öffentlichkeit.

Aus diesen ersten Aktivitäten entstand 1965 ›BEWTH‹ (stellt eine Abkürzung für das Wort ›Bewegingstheater‹ dar), eine noch heute existierende und für die Entwicklung eines neuen Theaterbegriffes sehr bedeutende Gesellschaft, deren zentrale Aufgabe die Erforschung von und die – theoretische wie praktische – Auseinandersetzung mit dem Element Raum ist.

Durch den radikalen Bruch mit dem ›Schauspiel-Theater‹ stieß man in den sechziger Jahren sehr rasch an die Grenzen bestehender, herkömmlicher Theaterbauten und den damit verbundenen Verhaltenskonventionen bei Spielern und Publikum. Durch Improvisationen und das dadurch entstandene Wechselspiel zwischen Körper und Gegenständen wie zum Beispiel Klebebändern, Wasser, Sand, Schaum u. a. wurden im Probestudio mehrere Acts erstellt. Da keine geeigneten Veranstaltungsorte zur Verfügung standen, wählte man – anfangs gezwungenermaßen – so ausgefallene Räume wie leere Fabrikshallen oder alte Lagerhäuser, um die Aufführungen realisieren zu können.

Die Verbindung zwischen Act und Raum wurde jedesmal aufs neue geschaffen, die Acts verändert oder erweitert, und in den jeweiligen Räumen entstanden durch das Zusammenspiel von Raum, Gegenständen und Spielern wieder vollkommen neue Szenen und Kompositionen.

Die Arbeit verlagerte sich vom Studio in die zu bespielenden Räume, und die Trennung zwischen dem Proben der Acts und der Umsetzung derselben im jeweiligen Raum löste sich zusehends auf. Man begann ganz bewußt, bestimmte, von der Architektur, ihrer ›Sprache‹ her, interessante Räume auszusuchen und aus den vorhandenen, vorgefundenen Strukturen heraus Szenen zu entwickeln. Das Verlassen der heiligen Hallen, die für diese Form von Theater gänzlich ungeeignet waren, die Absage an das Sprechtheater und die gleichzeitige Zertrümmerung eines überlieferten Pantomimebegriffes, der beim Publikum für alles Nonverbal-Theatrale stand, versetzte die Zuschauer in Unruhe und wirkte subversiv und provokativ.

Alte Regeln galten nicht mehr und neue wurden nicht (direkt) gestellt – sie hatten zu entstehen. Die Grenzen des Möglichen wurden, wenn überhaupt, sehr weit gezogen, die Frage nach einem Sinn wurde sinnlos, die Zuschauer wurden zur geistigen, manchmal auch körperlichen Mitarbeit aufgefordert und sahen sich durch die Ungewohntheit persönlicher Aktivität und Produktivität aus ihrem passiven Rezipientenverhalten in Unverständnis und Hilflosigkeit abgleiten.

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